Rede an der 1. Mai-Feier Zürcher Oberland

1. Mai 2007 auf dem Zeughaus-Areal Uster

Liebe Genossinnen, liebe Genossen,
geschätzte Anwesende

Ich freue mich auf dem Zeughausareal zu Ihnen zu sprechen. Nachdem dieses Areal als Geschenk der Stadt Uster an die Armee, wobei man sich Arbeitsplätze erhoffte, jahrzenhntelang abgeschottet war, spielt dieses Areal nun eine grosse Rolle in der Planung der Stadt Uster. Hier soll in der Zukunft sowohl gearbeitet als auch gewohnt werden und auch Kultur soll ihren Platz finden.

Im Zusammenhang mit der massiven Wahlniederlage bei den kantonsratswahlen im Kanton Zürich wird der SP wiederholt vorgeworfen, sie habe keine Inhalte, bzw. habe ihr Kerngeschäft vernachlässigt.

Vielleicht wurde es als Abstimmungsthema vernachlässigt doch inhaltlich steht die SP weiterhin für die Arbeitnehmerschaft und insbesondere für sozial schwächer ein. Die SP hat sich seit es sie gibt, für die Arbeiter und Arbeiterinnen und die Rechte derselben einsetzt.

Ob die Arbeiterschaft im Moment tatsächlich noch „ihre“ Partei in Anführungs- und Schlusszeichen wählt, ist dabei eine ganz andere Frage. Wir hoffen, dass die Arbeiterschaft nicht zur SVP wechselt, sondern weiterhin die SP wählt!

Zur Aussage, wonach die SP keine Inhalt hat: Dies ist wohl eine zu kurzsichtige Blickweise, welche aber im Zusammenhang mit den Zürcher Wahlen etwas für sich hat, wurden doch nicht Inhalte zum Wahlkampf erhoben sondern lediglich Köpfe. Konnten Sie auf einem Plakat lesen, dass eine Partei programmatische Forderungen erhob? Dabei ist auch unsere Partei nicht auszunehmen und wir werden uns gut überlegen müssen, wie wir in Zukunft auftreten. Nebenbei: Vor vier Jahren haben wir mit dem praktisch gleichen Wahlkampf 10 Plätze gewonnen!

Wer das Abschneiden der SP über die Jahrzehnte betrachtet, wird feststellen, dass, wenn es der Schweizer Wirtschaft gut läuft, die sozialdemokratische Partei Verluste hinzunehmen hat. Braucht es die SP nur in schlechten Zeiten?

Dies ist klar zu verneinen, wird doch verkannt, dass die SP auch bei florierender Wirtschaft und guten Konjunkturdaten die Interessen der Arbeiterschaft, der Arbeitnehmer und Arbeitnehmer aber insbesondere auch der Arbeitslosen bzw. Arbeitssuchenden wahrnimmt.

Uns zu einer Schlechtwetterpartei zu degradieren, ist dabei genau so kurzsichtig, wie wenn man behauptet, die SP sei wirtschaftsfeindlich, wenn sie für die Interessen der Arbeitnehmerschaft eintritt. Ist doch die Arbeitnehmerschaft, deren Interessen in den Parlamenten durch die SP wahrgenommen werden, ebenfalls dringend daran interessiert, dass es den Firmen aller Branchen gut geht!

Dass dabei unsere Sichtweise aber zumindest teilweise eine andere ist, als diejenige der Unternehmer, ist dabei aber klar und muss klar bleiben.

Ein Grundsatz der SP ist, dass die Würde der Menschen, der Arbeiterinnen und Arbeiter unantastbar ist.

Diese Würde ist aber tangiert, wenn es Manager gibt, welche von ihrem Verwaltungsrat, dem sie selber teilweise angehören, zweistellige Millionenbeträge als Lohn erhalten, während gleichzeitig Arbeitsplätze abgebaut werden. Wer solche Löhne zahlt, wer solche Löhne entgegen nimmt, handelt respektlos. Respektlos gegenüber dem Unternehmen, gegenüber der gesamt Wirtschaft und insbesondere respektlos gegenüber der Arbeitnehmerschaft, welche ebenfalls das ihrige dazu beiträgt, damit es dem Unternehmen gut geht.

Solche Lohnzahlungen sind pervers und lassen sich nicht mit vernünftigen Argumenten rechtfertigen. Fast 50 % der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schweiz verdienen weniger als 5'000.-- Franken pro Monat. Bei 13 Monatslöhnen kommt man da auf ein Jahressalär von 65'000.--. Mit einem solchen durchschnittlichen Erwerbseinkommen benötigt ein entsprechender Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin 307 Jahre, um einen solchen Jahreslohn von 20 Millionen  Franken zu verdienen, was zynisch gesagt, biologisch gewisse Probleme aufwirft!

Solche exorbitante Löhne sind nicht nur jenseits jeglicher ökonomischer Vernunft sondern führen auch zu einer grosse Unzufriedenheit bei „Normal-Verdienenden“.

Die SP ist daran interessiert, dass es der Wirtschaft und insbesondere unseren grossen Unternehmen gut geht. Diese Unternehmen nehmen aber in unseren Augen nur teilweise ihre Verantwortung gegenüber der Arbeitnehmerschaft als auch der Gesellschaft war.

Ich möchte an dieser Stelle den Bürgermeister Berlins zitieren, der Folgendes sagte: „Ich denke an die Bilanzkonferenzen großer Unternehmen, die wie folgt ablaufen: Wir haben unseren Umsatz um 5 Milliarden Euro gesteigert - toll, sind wir gut -, wir haben den Gewinn um 2 Milliarden Euro gesteigert - auch toll -, und wir bauen 3.000 Arbeitsplätze ab! Das ist die Realität.

Mein Traum wäre, dass man einmal sagt: 5 Milliarden Mehrumsatz, 2 Milliarden Mehrgewinn, und unsere Aktionäre bekommen nicht 15 Prozent Rendite, sondern nur 10 Prozent. Für 5 Prozent investieren wir in die Zukunft, in neue Produkte, in Ausbildung, in Forschung und in Technologie.“

Ich möchte noch ergänzen: Mein Traum ist einerseits, dass solche Firmen vermehrt neue Lehrstellen und Arbeitsplätze für Leistungsschwache anbieten und andererseits angesichts der Klimabombe versuchen, neue ökologische Wege zu beschreiten.

Ich habe zuvor gesagt, die Würde der Menschen, der Arbeitenden ist unantastbar. Diese Würde ist massiv tangiert, wenn junge Schulabgänger keine Möglichkeit haben, eine Lehrstelle zu finden und im Anschluss an ihre Schulzeit praktisch auf der Strasse stehen.

Ich möchte an dieser Stelle an die Konsequenzen erinnern, wenn Jugendliche keine Jobs finden. Einerseits werden uns diese Jugendliche im Zusammenhang mit zu leistender Sozialhilfe auffallen. Andererseits gibt es genügend Beispiele solcher Jugendlicher, welche angesichts chancenloser Bewerbungen und infolge Fehlens jeglicher Zukunftsperspektiven eine grosse kriminelle Energie entwickeln.

Beide Szenarien gilt es zu verhindern bzw. sind zu bekämpfen. Solche Jugendliche sind durch Arbeit, durch Anlehren, durch neue Lehrstellen zu integrieren. Findet diese Integration im Arbeitsmarkt nicht statt, so kostet dies das Gemeinwesen weitaus höhere Beträge in Form von Sozialhilfe oder aber auch – leider - im Strafvollzug.

Geschätzte Anwesende, als Stadträtin und Sozialvorständin der dritt-grössten Stadt des Kantons habe ich Einblick in verschiedenste Dossiers solcher Jugendlicher. Sie benötigen unsere Hilfe. Doch nicht der Staat alleine ist dabei gefordert sondern eben auch unsere grossen Unternehmen. Als wirtschaftsfeindlich kann man diese Forderung nach aber wohl nicht bezeichnen!

Ich hoffe, Sie werden sich in den nächsten Stunden hier in Uster wohl fühlen….

Zurück

[ DTP ]