Holzbock

Enthüllung Kunstwerk Köfer Hess
17. November 2007 auf der Stadthauswiese Uster

Liebe Gäste und geschätzte Anwesende

Ich begrüsse Sie herzlich zur Enthüllung der Grossplastik „Holzbock“ des Künstlerduos KöferlHess. Es ist ein Akt, der bei den derzeitigen Temperaturen etwas quer in der Landschaft liegt, da wir uns im Moment doch lieber Ein- statt Enthüllen. Dennoch, das Wetter spielt mit und ich freue mich, einige Überlegungen zur Intervention von Röbi Hess und Andri Köfer an Sie richten zu dürfen. Köfer Hess sind nicht ganz unbekannt in Uster, sie haben bereits im Zeughaus gewirkt, haben den Kultupreis der Stadt Uster erhalten und damals hier am selben Ort eine Installation errichtet.
Seit nunmehr anderthalb Monaten steht hier auf der Stadthauswiese ein Objekt, das sehr unterschiedliche Empfindungen ausgelöst hat, das darf man wohl vorwegnehmen. Anfangs noch in Begleitung der rotweissen Uster Plus Baulattenbäume, unterweg wurden diese wieder entfernt, haben die beiden Künstler in den letzten Wochen öffentlich an diesem belebten, befahrenen, recht prominenten Ort gewirkt und gelebt.

Bauhütte und Architektur
Als Ausgangslage und in einer ersten Konzeptskizze stand die Idee der Bauhütte – eine Hütte die gebaut wird – eine Hütte in der gebaut wird. Der Begriff der Bauhütte hat in der Baugeschichte eine lange Tradition. Er geht zurück auf alte Mönchsorden, die vermehrt Baufachleute zuzogen zum Bau ihrer Kirchen und Klöster. Die Bauhütte von damals war eine Werkstattvereinigung von Bauhandwerkern, Bildhauern und Steinmetzen, in der ein ausgeprägter Berufsethos bestand. Diese Berufsgattungen waren denn im Mittelalter beteiligt an grossen Bauaufgaben von Domen und Kathedralen. Das handwerkliche Wissen wurde weitergegeben von den Meistern an die Gesellen und die Lehrlinge und so über Jahrhunderte gepflegt und verfeinert. Diese eigentlichen Lebensgemeinschaften enfalteten eigene Rituale und Gebräuche, haben so auch ihres technisches Know How unter sich zu behalten (Werkspionage, Patentsicherung). Sie kümmerten sich auch um die Schlichtung von Streitfällen, schufen Kassen zur Unterstützung von Witwen und Waisen, von kranken, armen oder in Not geratenen Mitgliedern. Aus diesen Bauhüttenvereinigungen entstanden verschiedenste Richtungen von Bruderschaften und Logen, Gilden und Zünfte, z.B. die Freimaurer, Organisationen jedenfalls, die teilweise bis heute wirken. Oftmals steht heute aber nicht mehr das Bauhandwerk sondern mehr wohltätige, soziale und vor allem ethische Zielsetzungen im Vordergrund. Die Menschen der Bauhütte sind Freunde und Arbeitskollegen zugleich. Es gibt auch heute immer wieder Ansätze in der Baubranche, die sich der Bauhüttenidee verpflichten, vielleicht gehört auch das Künstlerduo Köfer und Hess dazu, dem eine gewisse Bruderschaft nicht abzusprechen ist.

Äussere Hülle und innerer Kern
Auch wenn die eben beschriebene Art von Bauhütte nicht vorrangig gemeint sein mag beim Objekt Holzbock, so stellen wir doch fest, dass es sich um eine äusser Hülle handelt, die mit dem Inneren nicht übereinstimmt, soviel sei verraten. Dieses Prinzip ist in der Architketur vor allem bei Kultur- Konzert- oder Thaterräumen anzutreffen. Als Stichworte möchte ich an dieser Stelle das KKL Luzern von Jean Nouvel oder die Bibliothek der juristischen Fakultät der Universität Zürich von Calatrava erwähnen. Beide Male entsprechen die innern Räume in geschwungenen Formen in keiner Weise dem Bild der äussern Hülle und somit dem Gebäude, wie es im Stadtbild wahrgenommen wird. Die Hülle ist Projektionsfläche, umhüllt den inneren Kern und lässt dabei Zwischenräume für Foyers u.ä. frei. In Uster ist zurzeit ein möglichweise neuer Stadthofsaal, sprich Theater- Konzert- und Vereinssaal ein Politikum. Ich möchte nicht allzu enge Parallelen zu diesem Objekt ziehen, v.a. weil wir mit dem Stadthofsaal minimum noch eine Volksabstimmung gewinnen müssten, dennoch, die Idee der unterschiedlichen inneren und äusseren Form dürfte da gar nicht so daneben sein, vielleicht kommen wir darauf zurück.

Kunst und Architektur
Das Interesse, die bildende Kunst mit der Architektur zu verweben, bestand schon seit je her, erinnert sei an Wandmalereien, Stukkaturen, Plastiken oder Kunst am Bau. Es gab immer schon berühmte Architekten, die Künstler und Architekt in Personalunion waren: Als Beispiele hierzu seien Le Corbusier oder  Hans Fischli genannt. Heute suchen Architekturbüros immer wieder die enge Zusammenarbeit mit Künstlern, erwähnt an dieser Stelle sei für viele bekannt Herzog–Demeuron oder Gigon-Guyer, welche mit diesen Künstlern zu wegweisenden neuen Projekten und Bauten kommen, vorab in der Farbgebung oder der Ornamentik. Mit dem Projekt „Holzbock“ haben die Künstler nun den umgekehrten Weg versucht, sie bauen architektonische Elemente in ihre Kunst ein.

Abgesteckter Rahmen
Vielleicht ist der Bretterverschlag aber gar keine Hütte, sondern lediglich ein vorgegebener Rahmen. In solchen Rahmen bewegen auch wir uns immer wieder, zum Beispiel durch einengende Baugesetze, finanzielle Rahmenbedingungen oder politische Realitäten. Innerhalb dieses abgesteckten – teilweise als hässlich und einengend empfundenen  Rahmens – bewegen wir uns ständig. So auch das Künstler-Duo Köfer-Hess, welche sich den Rahmen aber selber schuf, wobei es ihnen aber nicht möglich war, angesichts der Hülle – ihr Werk von aussen zu betrachten, welcher Blickwinkel uns im generellen Leben aber möglich sein sollte und nicht vergessen werden darf. Der Holzbock oder was immer auch unter diesen Brettern hervorkommt, ist eine bildliche Darstellung, was innerhalb eines engen Rahmens möglich ist.
Es gäbe noch viele Gedankenspiele zu  machen zur Intervention von KöferlHess. Sie regt zu Diskussionen an, im neugierigen, wohlwollenden aber auch im kritischen oder gar ablehnenden Sinn.

Kunst im öffentlichen Raum wird oft auch als Provokation empfunden. Warum stört das Unperfekte so sehr, dass es abgelehnt wird? Warum provoziert ein Bretterverhau mit Plastik umhüllt, ein Tisch und ein Feuer in einer Blechtonne derart? Sind es Bilder, die es bei uns nicht mehr geben darf, die an Armut und Randständigkeit erinnern?
Ich weiss es nicht, weiss nur, dass sich verschiedene Menschen empfindlich gestört haben über die Art und Weise, wie KöferlHess arbeiten. Vielleicht verstehen sie die Arbeit des Künstler-Duos einfach nicht.
Das Publikum heute gibt mir aber auch den Beweis, dass es jene Leute gibt, die sich mit der Arbeit von KöferlHess auseinandersetzen, sie achten und schätzen.

Kunst wird dann angreifbar im öffentlichen Raum, wenn sie eine Behauptung aufstellt. Nur dann kann man sie ablehnen oder sich ihr nähern. Ich glaube, Andri und Röbi, Ihr habt in dieser ersten Phase mit der Hülle und Eurer Präsenz eine sehr starke Behauptung aufgestellt. Nun kommt der zweite Akt an die Reihe, der Vorhang wird fallen und ich - wie Sie alle wohl - bin gespannt,
a) was nun unter der Hülle hervorkommt, und
b) wie das neue Objekt in der Öffentlichkeit ankommen wird.

Besten Dank

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